Biographie J.C.A. Goedhart

Am 28. Juni 1893 wurde Jan Catharinus Adriaan Goedhart als Sohn von Jan Gerard Anton Goedhart und dessen Ehefrau Catharina Adriana Voorduin in Silau Toewa auf Sumatra, damals Niederländisch-Indien, geboren. Nur wenige Tage nach der Geburt stirbt seine Mutter und dem Vater obliegt die Fürsorge des Säuglings. Mit 6 Jahren kommt Jan in die Obhut einer Tante, die in Batavia (heute Jakarta) lebt. Später übernehmen Verwandte in den Niederlanden die Erziehung des Jungen. Abwechselnd wohnt er in Den Helder, Apeldoorn, Den Haag und wieder in Apeldoorn, wo er die Realschule besucht. Hier erkennt der Bildhauer J. P. Puype (1874-1942), der dort Zeichenunterricht gibt, die besondere künstlerische Begabung des Jungen. Bei ihm bekommt Jan seinen ersten Privatunterricht. Im Jahre 1909 meldet er sich an der Amsterdamer Kunstakademie an. Der dortige Dozent Prof. C. L. Dake (1857-1918) gibt ihm, da er das Alter für die Zulassung noch nicht erreicht hat, Privatunterricht, und bereitet ihn auf die Aufnahmeprüfung vor. Im Jahre 1910 erfolgt seine Einschreibung als Kunststudent an der Akademie zu Amsterdam. Auf die Frage von Prof. Dake, worin seine Vorlieben liegen, antwortet Jan, er würde am liebsten Schiffe und das Meer malen. Daraufhin rät ihm Dake, sich eher für die Porträtmalerei zu entscheiden: „Erstens haben wir das Meer nicht hier und zweitens sind Porträts auch in schlechten Zeiten gefragt, und man kann sein Brot damit verdienen.“

Nach einer Unterbrechung seines Studiums wegen Mobilmachung zeitens des Ersten Weltkrieges kehrt Goedhart 1917 zur Akademie zurück. Leider stirbt kurz darauf sein Lehrmeister Dake und er vollendet sein Studium bei Prof. J. J. Jurres (1875-1946). 1921 verlässt er die Akademie und lässt sich in der Hauptstadt (Amsterdam) als Künstler nieder.

Am Anfang seiner Laufbahn malt er hauptsächlich Porträts. Aufträge bekommt er durch Teilnahmen an Ausstellungen des Künstlervereins St. Lucas. Das Leben als Künstler fällt ihm nicht immer leicht. Inzwischen hat er geheiratet und kann sich kaum über Wasser halten. Noch im selben Jahr folgt die Übersiedlung nach Den Haag. Als Mitglied des Künstlervereins ‘Pulchri Studio‘ macht er Bekanntschaft mit einigen schon damals bekannten Künstlern, darunter Jan Sluijters (1881-1957) und Kees van Dongen (1877-1968). Goedhart, ein bescheidener und oft schüchterner Mensch, sucht seinen eigenen Weg und hat wenig Umgang mit anderen Künstlern. Im häuslichen Leben beginnt eine schwierige Zeit, die 1925 mit einer Ehescheidung endet. Künstlerisch aber geht es aufwärts, besonders seine Porträtkunst bleibt nicht unbemerkt. So wird er 1930 von der Gemeinde Hulst beauftragt, ein Porträt von der Königin Wilhelmina zu malen. Im selben Jahr heiratet er Jenny van Beusekom, Studentin am Konservatorium. Nach und nach erfreut er sich einer grösseren Bekanntschaft als Künstler. Bald hat er dann auch seine erste grosse Ausstellung in einer renommierten Galerie, genannt ‘Kunstzalen Kleykamp‘, ein Begriff des kulturellen Lebens in der Vorkriegszeit in Den Haag. Die Arbeiten zeigen nicht nur Porträts, sondern auch Blumen, Landschaftsbilder, Aktfiguren und maritime Motive.

Ab dem Jahre 1932 begleitet er seine Frau auf ihren Reisen nach Deutschland, die dort für ihren Vater dessen Geschäfte wahrnimmt. Sie verbringen auch ihre Ferien in Deutschland, da in diesen Jahren die Deutsche Gesetzgebung den freien Geldverkehr ins Ausland nicht erlaubt, sämtliche Gelder müssen im Land bleiben.

In Deutschland malt Goedhart viele Landschaftsbilder und auch sein Meeresrepertoire wird immer grösser. Auf Seereisen nach Norwegen und Spanien findet er Inspiration. Neben Schiffen, Häfen und Küstenlandschaften malt er oft das Meer, nur mit bewölktem Himmel. Die meisten Arbeiten entstehen direkt an Ort und Stelle und geben somit ein sehr lebendiges Bild wieder. Sehr viele seiner Bilder werden direkt an Bord an Mitreisende verkauft. Aufgrund seiner finanziellen Lage erfolgt 1937 die Übersiedlung nach Düsseldorf. Politisch wenig informiert ist er völlig überrascht beim Ausbruch des Krieges 1940. Weil eine Rückkehr in die Niederlande nicht möglich ist, zieht die Familie (inzwischen ist eine Tochter geboren) nach Süddeutschland. Nach langem Suchen lassen sich die Goedharts in Tübingen nieder, wo sie bis zum Ende des Krieges verbleiben.

Einige Zeit nach Rückkehr in die Niederlande wird Goedhart, zusammen mit anderen Künstlern, zum ersten Mal von der Niederländischen Königlichen Marine eingeladen, um mit einem ihrer Schiffe (die Hr. Ms. Batjan) mitzufahren. Dieses Experiment, Meeresmaler mitfahren zu lassen, denn als solches war es gemeint, war sehr erfolgreich. Es fanden mehrere Ausstellungen ihrer Arbeiten statt, womit die Marine eine Initiative vorbereitet, die zur Einrichtung der ‘Nederlandse Vereniging van Zeeschilders‘ Niederländischer Verein von Meeresmalern) führt. Goedhart, mitbeteiligt an der Errichtung, gehört zu den ersten Mitgliedern. In den folgenden Jahren entwickelt er sich zu einem der wichtigsten niederländischen Marinemalern des 20. Jahrhunderts. Sein besonderes Talent liegt darin, die Form der Schiffe genau wiederzugeben, ohne sich dabei allzutief in Details zu verlieren. Meist genügt ihm die Suggestion. Goedharts Werke lassen sich dem realistischen Impressionismus zuordnen. Charakteristisch ist ein schwerer wolkenverhangener Himmel. Ein weiteres Merkmal seiner Arbeiten ist ein oft fast monochromer Stil: „Wenn das Wetter trübe ist, dann ist es eben dunkel.“ Das diese genauen Auffassungen seinem Erfolg nicht im Wege stehen, zeigt das Gemälde mit der Ankunft des englischen Königspaares auf der ‘Britannia‘ vor IJmuiden beim Staatsbesuch 1958. Goedhart wurde zusammen mit anderen Marinemalern eingeladen, dabei anwesend zu sein. Trotz des trüben Wetters und des statischen Charakters des Ereignisses malt Goedhart ein eindrucksvolles Bild, das später von einer Jury ausgesucht wird, um im Namen der Königlichen Marine der englischen Fürstin als Geschenk angeboten zu werden.

Für seine maritimen Arbeiten wählt Goedhart oft Kriegsschiffe und Hochseeschlepper. Auch der amerikanische Liner ‘United States‘ mit seinen roten Schornsteinen beeindruckt ihn und es entstehen mehrere Bilder von diesem Schiff. Ausser Schiffen und Häfen malt er regelmässig Meeresbilder in allen Wetterlagen und Farben.

Ausser als Meeresmaler ist Goedhart noch immer als Porträtmaler aktiv. Als solcher hat er 1965 einen grösseren Erfolg, als er sich für einen internationalen Concours der Sociedad Bolivariana in Venezuela einschreiben lässt. Der Auftrag lautet, ein lebensgrosses Porträt von dem legendären Kriegsherrn und Staatsmann Simon Bolivar (1783-1830) anzufertigen. Die mehr als lebensgrosse Leinwand ist fuer den fast 72-Jaehrigen nicht ganz einfach. Er positioniert sich mit allen benötigten Materialien auf einem Tisch, um an die Oberseite der Leinwand heranzukommen. Von einer venezuelanischen Briefmarke übernimmt er die reichlich mit Orden und Auszeichnungen bestückte Uniform des Helden. Teilnehmer aus siebzehn Ländern schicken nicht weniger als 78 Werke. Davon werden von der venezuelanischen Regierung sieben Bilder erworben, um im Präsidentenpalast in Caracas ausgestellt zu werden. Darunter befindet sich auch die Arbeit von J.C.A. Goedhart, der hiermit den ehrenvollen zweiten Platz gewinnt.

In den sechziger jahren wird bei Goedhart in seinen maritimen Arbeiten etwas vom Einfluss anderer Künstler merkbar. Obwohl Goedhart eigentlich kein Vereinsmensch ist und auch nicht die Publizität seiner Arbeiten sucht, ist die Mitgliedschaft im Verein von Meeresmalern von Nutzen. Obwohl er noch immer seiner traditionsgebundenen Arbeitsweise treu bleibt, bewirkt der Umgang mit anderen Künstlern doch eine gewisse künstlerische Erneuerung. Oft malt er dann auf See stark abstrahierte Skizzen von Schiffen, die er nicht selten als fertige und vollständige Kunstwerke betrachtet. Durch die regelmässigen Ausstellungen des Vereins werden seine Arbeiten auch von einem breiteren Publikum gesehen. Seine Bilder werden nicht nur von Privatpersonen gekauft, sondern auch von Reedereien wie die Holland-Amerika Lijn, die Königliche Rotterdamsche Lloyd, sowie Schifffahrtsmuseen und die Königliche Marine.

In der späteren Phase seines Lebens wird seine Bewegungsfreiheit etwas eingeengt wegen persönliche Umstände und seine schlechtere Gesundheit. Zum Glück liefern ihm die Reisen mit der Marine soviel Material, dass er zu Hause noch sehr viel malen kann. Ende der sechziger Jahre, als seine Gesundheit es nicht mehr zulässt und er mehr und mehr ans Haus gefesselt ist, malt er im Garten Blumen und Porträts. Ein altes Foto, worauf drei J-Klasser miteinander im Wettkampf liegen, inspiriert ihn, es wird sein letztes grosses Marinewerk sein. Am 16. September 1975 stirbt Jan Goedhart. Er hinterlässt unter anderem ein maritimes Oeuvre, das die Tradition der Meeresmalerei in den Niederlanden in all ihrem Reichtum und Vielseitigkeit widerspiegelt.